Es war 13 Uhr als SPD-Landtagskandidatin Christin Becker der Einladung der Grundschule an den Linden in Kleve nachkam, um sich ein Bild des Konzeptes des rhythmisierten Ganztages zu machen. Schulleiter Jens Willmeroth begleitet Becker durch das Schulgebäude. Die SPD-Kandidatin und selbst zweifache Mutter staunt: Schülerinnen und Schuler einer ersten Klasse sitzen und basteln konzentriert auch noch um 13:15 Uhr. Eine weitere Klasse bewegt sich gerade auf den Schulhof. Im Kochraum bereitet eine Erzieherin mit einer Hand voll Kindern einen Salat zu. Nicht für das Mittagessen, wie Becker erkannte, als sie die Mensa der Schule betritt. „Unser Konzept macht es möglich, dass sich auch eine einzelne Erzieherin die Zeit nehmen kann, mit einer kleinen Gruppe Kindern etwas wie z.B. Kochen zu machen“, erklärt der Schulleiter. Der Schulalltag beim rhythmisierten Ganztag besteht aus Unterrichts- und Freizeitangeboten, die sich über den Tag verteilt abwechseln und so immer wieder Entspannungsphasen ermöglichen. Somit ist auch nachmittags Unterrichtszeit möglich, ebenso können im Vormittagsbereich Freizeitangebote stattfinden. Möglich ist dies vor allem dadurch, dass für eine Klasse neben der Klassenleitung auch eine pädagogische Fachkraft hauptverantwortlich zuständig ist. Zudem unterstützt eine Ergänzungskraft das Team. Gemeinsam werden Unterrichts – und Freizeitangebote geplant. Im Umkehrschluss heißt dies, dass der Schulalltag von 8:15 Uhr bis 15:00 Uhr verpflichtend ist.
Modell der Zukunft?
Gefragt, ob dies das Modell der Zukunft sei, antwortet Becker: „Ich sehe eine große Chance der individuelleren Begleitung der Kinder in diesem Konzept durch eine bessere personelle und räumliche Ausstattung und flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten des Unterrichtsgeschehens. Zudem begrüße ich die Kooperation von Schule mit externen Partnern, um ein breites musikalisches, kreatives, künstlerisches und sportliches Freizeitangebot zu bieten.“ Allerdings, so sind sich die Landtagskandidatin und der Schulleiter einig, empfiehlt sich ein solches Konzept als alleinige Ganztagsform an einer Schule vor allem in Innenstadt- und Brennpunktlage. „Als Schule des gemeinsamen Lernens mit sehr heterogener Schülerschaft hat sich für uns der rhythmisierte Ganztag absolut bewährt. Bei uns wird kein Kind nach Hause geschickt. Wir schaffen so gut es geht die Rahmenbedingungen für das individuelle Kind und nicht umgekehrt,“ macht Willmeroth seine Haltung deutlich. „Ein Kind individuell dort abzuholen, wo es steht, das ist im jetzigen Bildungssystem mit der derzeitigen Personaldecke nicht einfach“ sagt Becker und ergänzt: „Deshalb sollten wir alternative Modelle wie den rhythmisierten Ganztag offen gegenüberstehen. Aber auch klassische Grundschulmodelle und Unterricht von acht bis eins bieten für viele Eltern, Kinder und auch Pädagogen Vorteile. In der Bildung gibt es eben nicht nur schwarz und weiß. Aber deshalb darf unser Bildungssystem auch gerne bunt sein.“
Rhythmisierter Ganztag wird fortgesetzt
Schulleiter Jens Willmeroth und Korrektorin Anne van Weegen haben es seit der erstmaligen Einführung des rhythmisierten Ganztages an ihrer Schule zum Schuljahr 2018/2019 geschafft, Kinder, Eltern und die Stadt zu überzeugen. Trotz höherer Personalkosten wird die Grundschule den rhythmisierten Ganztag als Konzept fortsetzen. Auch die SPD-Landtagskandidatin fragte vor Ort, wie die personelle Ausstattung denn finanzierbar sei. Für Jens Willmeroth ist klar, dass man nicht rein auf die höheren Personalkosten schauen darf. „Wir nutzen z.B. alle Räume ganztags und brauchten beim Neubau keine getrennten Bereiche für Ganztag und Unterricht. Das spart Raum und damit auch Kosten.“ Christin Becker richtet den Blick noch auf einen anderen Aspekt: „Wenn es uns gelingt durch ein anderes Konzept viele Kinder besser abzuholen und zu integrieren, sowie die Zufriedenheit der Lehrer*innen und Eltern zu steigern, hat das einen großen Wert. Nur weil etwas nicht direkt messbar ist, heißt es nicht, dass es nicht wertvoll für die Zukunft ist.“